Erleichterter Nachweis von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen

von Björn Keller

Bislang musste zur Geltendmachung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen ein vor Beginn der Behandlung eingeholtes amts- oder vertrauensärztliches Gutachten bzw. Attest eines öffentlich-rechtlichen Trägers vorgelegt werden. Unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof mit seinen Urteilen vom 11.11.2010 VI R 17/09 und VI R 16/09 entschieden, dass dieser Nachweis auch noch später und durch jegliche geeignete Beweismittel erfolgen kann. Damit teilt er nicht mehr die der ursprünglichen Rechtsprechung zugrunde liegende unbestimmte Sorge, dass ein behandelnder Arzt ein sogenanntes Gefälligkeitsgutachten ausstellen könne.

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands entstehen. Insbesondere gilt dies auch für Krankheitskosten, die der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen, unter der ein unterhaltsberechtigtes minderjähriges Kind des Steuerpflichtigen leidet. In den beiden Klagen ging es einmal um die steuerliche Geltendmachung von Kosten für Schule, Unterkunft, Verpflegung und Therapie für die vom behandelnden Arzt vorgeschlagene Unterbringung eines Kindes in einem Internat mit integriertem Legastheniezentrum. Im zweiten Fall war streitig, ob die Kosten für Anschaffung neuer Möbel, die die Kläger wegen Asthmabeschwerden ihres Kindes erwarben, als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Das Finanzgericht lehnte die Klage ab, da die konkrete Gesundheitsgefährdung durch die alten Möbel nicht durch ein amtsärztlichen Attest nachgewiesen worden sei. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass sich das bisherige formalisierte Nachweisverlangen nicht aus dem Gesetz ergebe und dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung widerspreche. Es sei auch nicht ersichtlich, warum nur ein Amtsarzt oder etwa der medizinische Dienst einer öffentlichen Krankenversicherung, nicht aber ein anderer Mediziner die erforderliche Sachkunde und Neutralität besitzen soll, medizinisch erforderliche und nützliche Maßnahmen objektiv und sachverständig beurteilen zu können.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Ähnliche Artikel zu diesem Thema:

Kosten für krankheitsbedingte Heimunterbringung sind als außergewöhnliche Belastung abziehbar

Zurück