Entschädigung für die Überspannung eines Grundstücks mit einer Stromleitung

von Björn Keller

Wie der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 02.07.2018 (IX R 31/16) entschied, unterliegt eine Entschädigung, die dem Grundstückseigentümer einmalig für die grundbuchrechtlich abgesicherte Erlaubnis zur Überspannung seines Grundstücks mit einer Hochspannungsleitung gezahlt wird, nicht der Einkommensteuer. Wird die Erlaubnis erteilt, um einer drohenden Enteignung zuvorzukommen, liegen weder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung noch sonstige Einkünfte vor. Im Streitfall wurde dem Kläger beim Bau einer Stromtrasse sein selbstbewohntes Hausgrundstück mit einer Hochspannungsleitung überspannt. Für die Erlaubnis, das Grundstück überspannen zu dürfen und die dingliche Absicherung dieses Rechts durch eine immerwährende beschränkt persönliche Grunddienstbarkeit, zahlte ihm der Netzbetreiber eine Entschädigung. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2008 gab der Kläger diesen Betrag nicht an. Nachdem das Finanzamt durch andere Quellen davon erfuhr, setzte es die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der Entschädigung fest. Das FG wies die Klage ab. Es war der Auffassung, dass zwar keine Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG vorlägen, da sowohl die Überspannung des Grundstücks als auch die Eintragung einer entsprechenden Dienstbarkeit notfalls auch zwangsweise durch Enteignung hätten durchgesetzt werden können. Allerdings lägen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG vor und zwar auf Grundlage einer Vereinbarung zur Nutzungsüberlassung gegen Entgelt. Der Bundesfinanzhof widersprach dieser Ansicht. Da nicht die zeitlich vorübergehende Nutzungsmöglichkeit am Grundstück vergütet wurde, sondern die unbefristete dingliche Belastung des Grundstücks mit einer Dienstbarkeit und damit die Aufgabe eines Eigentumsbestandteils, erzielte der Kläger keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Auch mache es für die Steuerbarkeit einer Entschädigungszahlung keinen Unterschied, ob ein Steuerpflichtiger tatsächlich zwangsweise enteignet wird oder ob er zur Abwendung einer Enteignung auf der Grundlage einer einvernehmlichen Regelung eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit bestellt. Steht also wie im Streitfall die endgültige Aufgabe eines eigenständig zu beurteilenden Vermögenswerts im Vordergrund, so ist der Vorgang wie eine nicht steuerbare Vermögensumschichtung zu behandeln.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

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