Anwendung der 1-%-Regelung bei Handwerker-Kraftfahrzeug

von Björn Keller

Mit seinem Beschluss vom 31. Mai 2023 (X B 111/22) legte der Bundesfinanzhof fest, dass es jeweils der Einzelfeststellung bedarf, ob bei einem zweisitzigen Handwerkerfahrzeug von einer Privatnutzung durch den Steuerpflichtigen ausgegangen und deren Höhe unter Anwendung der 1-%-Regelung angesetzt werden kann. Für die Begründung einer Schätzungsbefugnis ist es dabei grundsätzlich nicht bedeutsam, ob in der Nummernfolge der Ausgangsrechnungen Lücken vorhanden sind. Auch hierbei ist der Einzelfall zu beurteilen. Im Falle einer Schätzung kann ein Rechtsanwendungsfehler vorliegen, wenn das vom FG gefundene Schätzungsergebnis wirtschaftlich unmöglich ist oder krass von den tatsächlichen Gegebenheiten abweicht und in keiner Weise erkennbar ist, dass überhaupt und welche Schätzungserwägungen angestellt worden sind. Im strittigen Fall betrieb der Kläger in den Jahren 2012 bis 2014 einen Hausmeisterservice.  Zum Betriebsvermögen des Klägers gehörten in den Streitjahren ein Mercedes Benz Vito Baureihe 639 und ein Multicar M26 Profiline. Nach eigenen Angaben besaß der Kläger kein Kraftfahrzeug in seinem Privatvermögen. Das Finanzamt ging daher davon aus, dass der Vito auch privat genutzt wurde und wandte deshalb die 1-%-Regelung an. Die Klage dagegen hatte keinen Erfolg. Das FG stellte fest, dass es sich bei dem Vito um ein lediglich zweisitziges Fahrzeug handelte, das keine Einrichtungen zu betrieblichen Zwecken (beispielsweise fest eingebaute Fächer für Werkzeuge) aufwies. Es schlussfolgerte daher, dass dieses Fahrzeug auch für private Fahrten geeignet ist. Da der Kläger über kein weiteres Kraftfahrzeug verfügte, sei es plausibel, dass er mit dem Vito  auch Privatfahrten unternahm, zumal er im ländlichen Raum lebte. Der Bundesfinanzhof folgt den Auffassungen der Vorinstanzen, obwohl der Kläger erstmals im Beschwerdeverfahren angab, für Privatfahrten stehe ihm als weiteres Kraftfahrzeug ein Moped zur Verfügung. Der Revision wurde nicht stattgegeben. Im Beschwerdeverfahren stellte der Kläger zudem die Schätzungsbefugnis der Vorinstanzen in Frage. Beide begründeten diese mit der lückenhaften Rechnungsnummerierung, den Fehlbeträgen der Geldverkehrsrechnung sowie ungeklärten Einlagen in erheblicher Höhe. In dem Zusammenhang verweist der Bundesfinanzhof darauf, dass es von der tatsächlichen Situation und damit von den Umständen des Einzelfalls abhängig ist, ob Lücken in der Abfolge der Rechnungsnummern zur Schätzung verpflichten. Grundsätzlich ist dies nicht bedeutsam. Da im Streitfall das Schätzungsergebnis nicht auffallend krass von den tatsächlichen Gegebenheiten abweicht und Schätzungserwägungen nicht erkennbar sind, sind damit auch keinerlei Rechtsanwendungsfehler seitens des FG gegeben, so der Bundesfinanzhof.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

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