Der Aufbau eines Strukturvertriebes ist nicht steuerfrei

von Björn Keller

Der Bundesfinanzhof entschied in seinem Urteil vom 03.08.2017, dass die typischerweise mit dem Aufbau und der Aufrechterhaltung eines Strukturvertriebes verbundenen Aufgaben keine steuerfreien Tätigkeiten als Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler im Sinne des § 4 Nr. 11 UStG sind. Das betrifft die Akquise, Betreuung, Schulung und Kontrolle von Versicherungsvertretern, das Halten der Kontakte zu diesem Personenkreis sowie die Festsetzung und Auszahlung der Provisionen. Im zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger in den Streitjahren 2009 und 2010 für eine AG (einem Strukturvertrieb) Unterstrukturen aufgebaut. Zu diesem Zweck organisierte er Werbeveranstaltungen, trat als Referent auf und warb ca. 40 Makler an. Dafür zahlte die AG dem Kläger zwischen September 2009 und Juni 2010 insgesamt 221.400 EUR. Nachdem der Strukturaufbau abgeschlossen war, stellte die AG die Entgeltzahlungen an den Kläger ein. Im September 2009 schlossen der Kläger und seine Ehefrau mehrere fondsgebundene Rentenversicherungen ab. Als Vermittler aller Verträge trat ein Vertriebsdirektor der AG auf. Demzufolge flossen die dafür gezahlten Abschlussprovisionen nicht an den Kläger. Dieser leistete zwischen November 2009 und August 2010 Versicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 100.000 EUR. Danach wurden die Versicherungsverträge storniert. Die Versicherungsunternehmen belasteten die der AG bereits ausgezahlten Provisionen zurück. Im Jahr 2011 verklagte die AG den Kläger auf Rückzahlung von Provisionen in Höhe von 137.936 EUR. Die Klage wurde abgewiesen, da das Gericht feststellte, dass die Zahlungen der AG an den Kläger offensichtlich dem Aufbau eines Strukturvertriebes dienten. Die Refinanzierung sollte über die ihr zufließenden Abschlussprovisionen erfolgen. Auch das Finanzamt vertrat diese Auffassung und legte für den Kläger die entsprechende Umsatzsteuer fest. Dessen Tätigkeiten, nämlich der Aufbau von Unterstrukturen eines Strukturvertriebes durch Werbung von Versicherungsvertretern oder Versicherungsmaklern, seien keine nach § 4 Nr. 11 UStG steuerfreie Tätigkeiten als Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler. Auch könnten die Zahlungen an den Kläger nicht deshalb als Versicherungsprovisionen beurteilt werden, nur weil die Zahlungsmittel aus Versicherungsprovisionen stammten. Einspruch und Klage waren erfolglos. Der Bundesfinanzhof stützt nun mit seinem Urteil die Auffassung der Vorinstanzen. Zwar besteht das Geschäftsmodell des Strukturvertriebes im Abschluss von Eigenverträgen und dem Aufbau von Unterstrukturen. Es handelt sich jedoch um zweierlei Tätigkeiten, die steuerlich unterschiedlich zu behandeln sind. Ebenso ändern die vom Kläger und seiner Ehefrau abgeschlossenen Versicherungsverträge hieran nichts, da der Kläger selbst Vertragspartei und nicht Vertragsvermittler war. Nach den Feststellungen des FG hat die AG durch die auf diesen Verträgen beruhenden Provisionen das von ihr an den Kläger gezahlte Entgelt refinanziert, wobei der Kläger das Entgelt nicht für den Abschluss der Eigenverträge, sondern für den Aufbau des Strukturvertriebes erhalten hat.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

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